60 Jahre BOSCH Motorsport in Österreich

von Christian Sch… 15/02/2019
Szenethema
60 Jahre BOSCH Motorsport in Österreich

60 Jahre Bosch Motorsport in Österreich

Die Motorsport-Geschichte reicht praktisch zurück bis in die Anfänge des Automobil. Bereits mit den ersten großen Autorennen um 1900 wurde technische Entwicklungen von Bosch in Automobilen eingesetzt. Mit dem Magnetzündapparat für Motorkutschen, der erstmals im Jahr 1886 an einen Kunden ausgeliefert wurde, kann Bosch auf seinen ersten wesentlichen Produktmeilenstein zurückblicken. Im Jahr 1903 siegten die ersten Rennfahrzeuge mit Magnetzündapparaten des Stuttgarter Unternehmens und in den 1960er Jahren fuhren Rennfahrzeuge bereits mit einer direkten Benzineinspritzung sowie Zündanlage und Zündkerzen von Bosch erfolgreich in internationalen Autorennen.

Der Erfindergeist der Bosch Entwicklungsingenieure ruhte nicht.  Gerade Rennsportserien sind oft Erprobungsfelder für Entwicklungen, die dann in der Großserie auch dem Normalverbraucher zugutekommen. Ab 1980 passte Bosch elektronische Serien-Benzineinspritzungen und -Motorsteuerungen auch an Formel 1-Fahrzeuge an. Diese Technik wurde unter dem Namen „Motronic“ bereits seit 1979 in der Pkw-Serienfertigung eingesetzt. Weitere erfolgreiche Beispiele für Bosch-Technik im Motorsport sind die Benzin-Direkteinspritzung BDE, deren Motorsportversion in den Siegerfahrzeugen der 24-Stunden-Rennen von Le Mans von 2001 bis 2005 eingebaut war. Ebenso erfolgreich ist dort die Bilanz mit Diesel-Einspritzsystemen. 2006 bis 2009 gewannen Boliden mit Common Rail-Dieseltechnik von Bosch das berühmte Langstreckenrennen. Zahlreiche weitere prominente Meilensteine wie Dieseleinspritzpumpe, elektronische Benzineinspritzung Jetronic, Antiblockiersystem, Elektronisches Stabilitätsprogramm und Common Rail begleiteten den Weg des heutigen Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik zum global aufgestellten Anbieter eines breiten Spektrums an Systemen, Komponenten und Dienstleistungen für Mobilität.

Wenden wir nun den Blick zurück in die Geschichte und nach Österreich. Seit Ende der 50er Jahre ist Bosch hierzulande im Motorsport mit Sponsoring und technischer Betreuung aktiv. Eng verbunden mit dieser Erfolgsgeschichte sind echte Menschen aus Fleisch und Blut, die mit dem ganzen Herzen bei der Sache sind. Einer davon ist Norbert Jurkowitsch. Seit über 40 Jahren ist er Motorsportverantwortlicher für Bosch in Österreich und begleitete und prägte damit praktisch die gesamte Zeitspanne. Er ist immer noch gemeinsam mit Willi Angerer aktiv, der ihn bei unzähligen Motorsporteinsätzen mit dem legendären Bosch Renndienst-Bus begleitete – damals im Profirennsport heute oft bei historischen Veranstaltungen.

Der Ursprung

Graf Erwein Schönborn-Buchheim, Gründer des Bosch Racing Team Vienna, nahm Jurkowitsch unter seine Fittiche und führte ihn in die Rennsportszene ein.  Jurkowitsch kannte den Job, die Werkstätten, die Menschen auf der Kundenseite und im Unternehmen von der Pike auf. 1975 wurde das Aufgabengebiet des Motorsportleiters Bosch Österreich frei und Jurkowitsch, reiste nach Deutschland um sich beim damaligen Bosch Motorsport Chef Ing. Fritz Jüttner vorzustellen. „Es war eine erste Bewährungsprobe“, sagt er heute im Rückblick. Jüttner gefiel der enthusiastische 27-jährige Österreicher, Jurkowitsch nahm die Herausforderung an und baute die Bosch Motorsportabteilung in Österreich weiter auf. Bosch erkannte die Wichtigkeit über den aktiven Renneinsatz die Marke erfolgreich aufzuladen und zu entwickeln. In Amerika gab es in den 50er Jahren ein geflügeltes Wort: „Win on Sunday – sell on Monday“ und frei nach diesem Motto war die Palette der Bosch-Motorsportaktivitäten breit und bunt. Jurkowitsch verstand es meisterlich Bosch-intern den Motorsport aktuell zu halten und den jeweiligen Vorständen die Vorteile schmackhaft zu machen: „Glücklicherweise war das nicht wirklich schwer, die Bereitschaft ist immer vorhanden gewesen. Und das ist im Prinzip auch der Grund, warum das Zusammenleben Bosch & Motorsport schon so lange erfolgreich zusammenhält“ sagt Jurkowitsch heute. Hierbei half ihm auch sicher seine „wirtschaftliche“ Grundeinstellung, als Mister 110% mit ausgesprochener Teamorientierung war es ihm immer wichtig, dass alles was in den Motorsport investiert wird, der Marke und dem Unternehmen Bosch etwas bringen muss.  

In den vielen Jahrzehnten fuhren praktisch alle prominenten Piloten im Bosch Racing Team, wie Niki Lauda, Dieter Quester, Jo Gartner, Franz Wittmann, Franz Wurz und viele andere mehr. Jurkowitsch kennt sie alle und es entstanden dadurch auch lebenslange Freundschaften.

Mit diesen Fahrern war Bosch auch in allen erdenklichen Motorsport-Arten vertreten. Formel 1, Formel 2, Formel 3, Formel-Renault, Tourenwagen, Rallye, Motorboot, Motorrad, Speedway, Kartsport und andere. Auch die breite Palette an Cups die gesponsert wurden, trug vieles zur Bekanntheit der Marke Bosch in Österreich, aber auch international bei. Nicht zuletzt auch dadurch, dass das Bosch Racing Team überaus erfolgreich agierte, sämtliche Titel wie Weltmeister, Europameister, Weltpokal, Mitropa Cup, viele Staatsmeistertitel und europäische Zonenmeistertitel konnte man sich auf die Siegesbrust heften. Bezeichnend für die Popularität des Rennteams unter Jurkowitsch war eine Schlagzeile in einer österreichischen Tageszeitung, die das Bosch Racing Team Vienna mit dem österreichischen Nationalteam im Motorsport gleichsetzte - „Bosch Racing Team Vienna = Österreichisches Nationalteam.“ Eine Besonderheit und ein Zeichen für das erfolgreiche Engagement von Bosch war, dass es auf drei österreichischen Rennstrecken sogenannte „Bosch-Kurven“ gab. Eine davon war jene am 1970 eröffneten Österreichring, sie war eine geliebte und gefürchtete Hochgeschwindigkeitskurve. Die zweite „Bosch-Kurve“ befand sich am Salzburg-Ring und die dritte auf einem Asphaltrundkurs für Karts in Michelhausen.

Bosch Renndienst in Österreich

Die Bosch Motorsportaktivitäten in Österreich wären undenkbar ohne den legendären Bosch-Renndienstbus. Im Jahr 1963 erblickte der Renndienstbus bei Mercedes Benz in Stuttgart unter der Bezeichnung LP 323 das Licht der Welt und wurde im Jahr 1973 vom Generalvertreter für Bosch in Österreich, dem Unternehmen Elektro-Diesel, nach Österreich gebracht und bei den heimischen Motorsportveranstaltungen eingesetzt. Bei Fahrzeugbau Vetter wurde das Fahrzeug als Bosch Renndienstbus geplant und gebaut. Das Fahrzeug ist bis heute im Originalzustand erhalten. Eine technische Besonderheit macht den Wagen geländegängig. Das Fünfganggetriebe verfügt über einen speziellen Kriechgang mit extrem kurzer Übersetzung für schwieriges Gelände, etwa bei Moto-Cross Austragungsorten. An allen vier Seiten des Fahrzeugs garantieren hydraulische Stempel, die einzeln gehoben werden können exakte Prüf-, Wartungs- und Reparaturarbeiten. Der Bus ist eine fahrende Bosch-Werkstatt.  Damals wie heute mussten Zündkerzen, geprüft und gewechselt werden. Der Bus hatte ein ständiges Sortiment von rund 60 verschiedenen Zündkerzentypen, Zündsystemen, Zündverteiler, Zündspulen und vieles andere mit an Bord. An der Rennstrecke musste mit Bordmitteln des Fahrzeugs geprüft und eingestellt werden. Ebenso ist der Wagen für Reparaturen aller Art der elektrischen Systeme von Lichtmaschinen bis zur Einspritztechnik von Rennfahrzeugen gerüstet. Es gibt im Wagen unter anderem eine Werkbank, einen Schraubstock und ein Sandstrahlgebläse. Er diente aber auch als Journalistentreff. In einer gemütlichen Konferenzecke im Heck des Busses konnten Reporter, Fachkollegen oder Piloten Fragen stellen, fachsimpeln oder Interviews geführt werden. Der Bus verfügt über eine eigene Wasserversorgung, einen Kühlschrank für Erfrischungen und Snacks und einen Stromgenerator. Die Farben des Busses sind prägnant in Gelb/Rot gehalten, was allerding nicht immer so war, über die Jahrzehnte wurde der Rennbus fünfmal umlackiert, wobei der Urzustand der Beschriftung aus dem Baujahr 1963 heute wiederhergestellt ist. Gemeinsam mit dem Bosch-Schriftzug war und ist der Renndienst-Bus immer noch optisch auffallender Werbeträger.

Seit 1991 wird er auch von der Obersten Nationalen Sportkommission (OSK, heute AMF - Austrian Motorsport Federation) bei der technischen Abnahme für die Abgasüberprüfung der Rallyefahrzeuge mit dem Bosch Abgastester genutzt.

Seit 1987 sind Abgaskatalysatoren bei den teilnehmenden Fahrzeugen der Österreichischen Rallye-Staatsmeisterschaften Pflicht. Die Crew des Bosch Renndienst-Busses prüft die einwandfreie Funktion der Katalysatoren an den teilnehmenden Rennfahrzeugen. Bei den Fahrzeugrennen kommt der Bosch Vier-Gas-Abgastester für Benzin, Diesel, Methanol und Gas zum Prüfeinsatz. Alle 4 Treibstoffarten kommen in der Österreichischen Meisterschaft zum Einsatz.

In den Jahren wurden 1.028 Einsätze und 265.500 Kilometer im Dienste des Bosch-Motorsports gefahren. Heute ist der legendäre Bosch Renndienst-Bus nun 54 Jahre jung und immer noch unterwegs.

Und heute

Noch heute pflegt Bosch die Authentizität und Historie der Marke bei historische Veranstaltungen, wenngleich Bosch heute als internationaler Konzern in unzählige Wirtschaftssegmenten aktiv ist. Der Bosch Renndienst-Bus wird weiterhin von Norbert Jurkowitsch betreut, und es ist ihm zu verdanken, dass der Renndienst-Bus auch heute noch neugierige Blicke an den Rennstrecken Europas auf sich zieht.  Bei heutigen Veranstaltungen bei denen der Bus im Einsatz ist, steht oft die Software elektronischer Komponenten im Vordergrund. Die klassischen Aufgaben, wie Zündkerzen sind weitgehend in den Hintergrund getreten.

Bosch Automotive Tradition ist heute ein wichtiger Brückenschlag vom jetzt in die Vergangenheit um auch in Zukunft klassische Fahrzeuge auf den Straßen als rollendes Kulturgut zu erhalten. Bei der Bestimmung des passenden Ersatzteils unterstützt Bosch Automotive Tradition die Liebhaber von Old- und Youngtimern mit einer umfangreichen Wissensdatenbank im Internet. Unter dem Navigationspunkt "Wissen" auf der Internetseite www.automotive-tradition.de stehen über 16 500 Dokumente zum kostenlosen Download bereit. Die Recherche in den Dokumenten liefert Antworten beispielsweise auf die Frage, welcher Starter in einem Fahrzeug ursprünglich verbaut war, in welchen unterschiedlichen Fahrzeugen ein bestimmter Generator eingesetzt wurde, oder auch Informationen zu alternativ verwendbaren Ersatzteilen.

 

Die Geschichte des Motorsports in Österreich ist mit der Marke Bosch untrennbar verbunden und ist damit ein herausragendes Beispiel einer nachhaltigen und erfolgreichen Markenstrategie.