Original-Nachbau-Fälschung

von Christian Sch… 02/11/2018
Szenethema
Original-Nachbau-Fälschung

Das Thema „Original oder Fälschung“ hat sich innerhalb der letzten Jahre, zu einem der wirklich brisanten Themen innerhalb der gesamten Oldtimer-Szene entwickelt. Kein Wunder, geht es doch auch um mächtig viel „Kohle“.

Wenn man weiß, dass der Verkaufspreis eines Ferrari 250 GT SWB (1959 – 1962), selbst ohne Geschichte und Rennergebnisse, heute bei rund 2 bis 2,5 Millionen Euro liegt und ein abgewrackter Ferrari 250 GT gerademal um die 150.000 Euro kostet, sind der Kreativität der einschlägigen „Spezialisten“, kaum Grenzen gesetzt.

Für einen prognostizierten Werklohn von teilweise über 1 Million Euro, ist das Kürzen eines Chassis, der Aufbau einer neuen Alu-Karosse und der Einbau von sechs statt von 3 Doppelvergasern, ja keine wirklich große Nummer.

Top restaurierte Autos im Hochpreis-Segment, ohne jegliche Geschichte und Herkunftsnachweis, sollte man bis zu einem eindeutigen und zweifelsfreien Originalitäts-Nachweis, nur mit der sprichwörtlichen „Feuerzange“ angreifen. Frei nach dem Ausspruch von Wolfgang Beltracchi, einem der berühmtesten und berüchtigtsten Bilderfälscher der Neuzeit, “Ich bin stolz auf meine Fälschungen, denn die hängen heute unerkannt, in den bedeutendsten Museen und Sammlungen der Welt“. Ja, und so ähnlich verhält es sich auch mit vielen Top-Fahrzeugen der Oldtimer-Szene, auch hier steht so mancher extravagante Bolide, in einer exklusiven Sammlung, oder im Angebot eines der renommierten Oldtimer-Händler, und das alles zum Leidwesen der vielen seriösen Oldtimer-Restaurateure/Händler.

Wie heißt es doch so schön – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!

Damit jetzt nicht der Eindruck entsteht, nur in Italien wird auf „Teufel komm raus“ gefälscht, darf ich auf die unzähligen 3 ½ und 4 ½-Litre Bentleys verweisen, die in England mehr oder weniger gekonnt, mittlerweile im großen Stil, zu 2-sitzigen Sport Roadstern mit der bescheidenen Zusatzbezeichnung „Special“ umgebaut werden. Selbst vor den auch für englische Verhältnisse mittlerweile in die Jahre gekommenen hochehrwürdigen Leichenwagen, der Marke Rolls Royce, schrecken findige Restaurateure heute nicht mehr zurück. So mancher Phantom I und II, der weit über 70 Jahre beschaulich zwischen Kirche und Friedhof dahin gerollt ist, findet sich heute, nach Restaurierung, ausgestattet mit einer neuen Karosse à la Open Tourer, Special Tourer oder gar als Piccadilly Roadster am großen „Boulevard der Eitelkeit“ wieder.

Mittlerweile betrifft dieses Thema die gesamte westliche Hemisphäre. Ob Porsche Carrera RS 2,7 in Deutschland oder der einst sagenhafte American La France, eines haben sie alle gemeinsam, so wie sie heute fahren oder angeboten werden, so sind sie seinerzeit nicht aus den Werkstoren ihrer Hersteller gerollt.

Die wahren Paganinis der „Oldtimer-Fälscher“, die geigen heute im kleinen aber feinen Segment der „Racing-Cars“ zwischen dem dumpfen Bass einer Einzylinder, 500 ccm Norton-Manx Rennmaschine und dem hohen Kreischen eines 12-Zylinder Ferrari-Rennmotos. Da wurden mitunter Szenarien konstruiert, die einem altehrwürdigen „Opern-Libretto“ um nichts nachstehen.

Einer der heikelsten Punkte im gesamten Oldtimerbereich ist das Prozedere der sogenannten „Auferstehung“. Dabei ist die Inszenierung immer annähernd die gleiche. Zumeist finden sich nach dem Tod eines Oldtimer-Sammlers, Hinweise und Fragmente eines längst verschollenen, sogenannten erfolgreichen Boliden, aus längst vergangenen Tagen.

Mittels dezenter Informationen an die einschlägige Fachpresse, wird in der Folge die Story am Köcheln gehalten. Selbstredend verbunden mit einer Herz-Schmerz-Story, à la Rosamunde Pilcher.

Ja, und am Ende gibt es dann die groß inszenierte Auferstehung des einstmals so erfolgreichen (berühmten) Boliden.

Das „Happy End“, dieser oftmals so großartigen Dramaturgie, das findet dann meist in einem der mehr als aufwändig gestylten Kataloge, der ganz großen Auktionshäuser der Welt statt.

TEXT: Komm.-Rat Franz R. Steinbacher